Es ist eigentlich unglaublich, dass 50 Jahre nach Jimi Hendrix‘ Tod noch bedeutende Aufnahmen zu Tage gefördert werden. Das ist der Fall bei The „Jimi Hendrix Experience Live in Maui“, das am 30. Juli 1970, sechs Wochen vor seinem Tod am 18. September auf Hawaii aufgenommen wurde.
Das Konzert zeigt die Jimi Hendrix Experience mit Billy Cox am Bass und Mitch Mitchell am Schlagzeug auf einem musikalischen Höhepunkt. Nach zwei Wochen Urlaub auf Hawaii und mit brandneuen Songs für das „Electric Ladyland“-Nachfolger-Album im Gepäck strotzt das Trio vor Spielfreude. Auch Jimi Hendrix ist top-fit und gesund – was die Mär vom Drogen-Hippie mal wieder vollkommen widerlegt.
Und so kam es zu diesem Konzert: Hendrix‘ damaliger Manager Michael Jeffery organisierte für den kostspieligen Ausbau des Electric Ladyland Studios von Warner Bros. eine halbe Million Dollar als Vorschuss und überzeugte die Plattenfirma zusätzlich, ein Filmprojekt mit Namen „Rainbow Bridge“ zu finanzieren. Er köderte die Warner Bros.-Leute mit der Veröffentlichung neuer Hendrix Songs auf dem Soundtrack und Live-Aufnahmen. Denn es war sowieso ein Konzert in Honolulu geplant, die Jimi Hendrix Experience war auf der Insel. Kurzerhand arrangierte man auf dem Hang des erloschenen Vulkans „Haleakala“ ein „free concert“ auf einer kleinen Bühne für den Nachmittag des 30. Juli 1970, zu dem sich per Mundpropaganda einige hundert Zuhörer einfanden.
Dreharbeiten im Chaos
Gedacht war „Rainbow Bridge“ eigentlich als filmischer Hippie-Meilenstein nach „Easy Rider“, allerdings endeten die Filmarbeiten unter der Regie von Chuck Wein im Chaos. Es gab wohl noch nicht einmal ein Drehbuch, geschweige denn professionelle Schauspieler. Hinzu kamen noch technische Probleme bei den ursprünglichen Live-Aufnahmen durch extremen Wind, wie man an dem improvisierten Extra-Schaumstoff für die Mikrofone sehen kann. So musste Mitch Mitchell seine gesamten Schlagzeugparts neu einspielen. Der uninspirierte, inhaltsleere Film, im dem die Jimi Hendrix Experience nur schlappe 17 Minuten lang zu sehen ist, floppte.
Das „Soundtrack“-Album „Rainbow Bridge“, ein Jahr nach Hendrix‘ Tod veröffentlich, wurde allerdings – meiner Meinung nach – ein Meilenstein: „Dolly Dagger“, „Earth Blues“, „Room Full of Mirrors“, aufgenommen im neuen Electric Ladyland Studio, sind beste Beispiele für die funkige Neuausrichtung von Hendrix, absolute Knaller. Hier erklärt Soundengineer Eddie Kramer den Track „Dolly Dagger“:
Das einzigartige „Pali Gap“, das er ganz frisch im Sommer 1970 zusammen mit „Hey Baby (New Rising Sun)“ aufgenommen hatte, zeigen den aktuellen Hendrix in voller Kraft und Vision. Dazu als Sahnehäubchen die beste Version von „Hear My Train A Comin‚“, die im Mai 1970 in Berkeley live aufgenommen wurde. Auch dieser Track zeigt die Entwicklung, die Hendrix in den nur vier Jahren seiner Solokarriere genommen hat.
Aber auf dem Soundtrack ist merkwürdigerweise kein Song vom Live-Konzert in Maui.
Ich denke, man wollte den Film schnell vergessen und noch fix ein paar Dollar mit einem (exzellenten) posthum veröffentlichten Album machen.
50 Jahre später ist das zweiteilige Konzert nun in ganzer Länge und Schönheit zu hören. Das Material wurde vollständig überarbeitet und vom originalen Hendrix-Soundmann Eddie Kramer neu abgemischt und von Bernie Grundman neu gemastert. Auch die Dokumentation „Music, Money, Madness … Jimi Hendrix In Maui“ mit den 16mm-Originalaufnahmen aus mehreren Kameraperspektiven und Augenzeugenberichten hat man dazu gelegt.
CD 1
First Show:
Chuck Wein Introduction
Hey Baby (New Rising Sun)
In From The Storm
Foxey Lady
Hear My Train A-Comin‘
Voodoo Child (Slight Return)
Fire
Purple Haze
Spanish Castle Magic
Lover Man
Message To Love
CD 2:
Second Show:
Dolly Dagger
Villanova Junction
Ezy Ryder
Red House
Freedom
Jam Back At The House
Straight Ahead
Hey Baby (New Rising Sun)/Midnight Lightning
Stone Free