Attwenger veröffentlichen am 14. Mai 2021 ihr neuntes Album mit dem Titel „Drum“. Als Vorgeschmack gibt es jetzt schon die Single „vagismi“ (hochdeutsch: Vergiss mich).
Das musikalische Rezept vom Duo Attwenger (Markus Binder – Schlagzeug/Gesang, HP Falkner – Akkordeon) ist Reduktion und Vereinfachung bis hin zum Minimalismus – gepaart mit physischer oberösterreichischer Volksmusik. Das merkt man einerseits an den wie immer kurzen Titeln ihrer Alben und Stücke. Andererseits aber vor allem an den mundartigen Texten und Fragmenten. Und natürlich an der Musik. Und da passt „vagismi“ genau rein. Das neue Album „Drum“ sei ausgetüftelt, „…bis zu 70 Spuren pro Song, jede davon auf die eine oder andere Weise bearbeitet, die Texte, sofern nicht spontan entstanden, über Monate, teilweise über Jahre zusammengefrickelt. hier ist nichts authentisch, aber alles täuschend echt.“, so Drummer Markus Binder über „Drum„.
Angefangen haben Attwenger als Polka/Landler-Punk-Band vor über 30 Jahren: Da waren sie jung, wild, voller überschüssiger Energie, aber auch heimatverbunden, weil sie die Volksmusik, mit der sie aufgewachsen sind, in ihrer Musik verarbeitet haben. Dazu kam der Rap und der funky Drummer als starker Einfluss. Schlagzeuger und Sänger Markus Binder begann, seine Texte im Sprechgesang auszuspucken.
Elektronische Instrumente
Das Volkstümliche trat in den Hintergrund, dafür bekamen Dekonstruktion und Minimalismus mehr Gewicht. Zwischenzeitlicher Höhepunkt war das 97er-Album „Song“ (hochdeutsch „sagen“) mit drei reduzierten 15 Minuten langen Stücken, die den Hörer langsam, aber stetig, wie in einen Strudel hineinziehen. So spielt Quetschenmeister Falkner übrigens auch, wenn er mal den Raum dazu hat, z. B. live.
Im Zuge dieser Entwicklungen kamen dann auch konsequenterweise elektronische Sounds hinzu, wie Sampler oder Drum Computer. HP Falkner „malträtiert“ seinen Akkordeon-Sound liebevoll mit Verzerrern und Wah Wah-Pedal. Ich kann empfehlen, das mal live zu erleben. Als ich sie zuletzt auf der Bühne gesehen habe, spielte HP Falkner ein elektronisches Midi-Akkordeon. Das quetschte er sprichwörtlich bis zum letzten Ton aus und gab damit mitreißende, psychedelisch- verzerrte Improvisationen zum Besten.
Trotzdem: Auf jedem Attwenger Album ist mindestens eine Polka zum Rumhotten. Oder mehr. Ihre Roots vergessen sie nie.
Im Video werden Bilder tanzender Tango Paare mit dem Stück „vagismi“ unterlegt: Vor und zurück, wülst mi oda wülst mi net, sogd sie vapiss di i küss di. vamiss di, vagiss mi, kum i küss di, i küss di. Das Video hat auch Markus Binder gedreht, vermutlich ist ihm dort auch der Text in den Sinn gekommen:
Markus Binder schreibt zum neuen Album:
manche sind ja der meinung, attwenger sei die unnachahmlichste band zwischen linz und übersee, andere wiederum haben noch nie von uns gehört bzw. schon wieder auf uns vergessen. drum haben wir drum gemacht, unser 9. studioalbum, eine überfällige boomer-produktion, 15 neue songs mit allem drum und dran:
trap-slang und country-fiction, kraut- und rübenmusik, mentalitätskritik, dialektgroove, electronica und polkapunk.
drum auch deshalb, weil umstände zur sprache gebracht werden wollten, die nerven. würden sie nicht nerven, wozu dann die musik?
um nicht länger drum herum zu reden: auf diesem album wird darüber gesungen, was er so und sie so sieht, was ein falsches viech ist, dass happiness zum business wurde und alle daumen lang der vater grantig wird, die leute zwar weit sind, aber leider nicht weiter, was alles völlig wurscht sein kann, gefolgt von gereimtem gelaber und songs über den kredit und die schulden. darüber hinaus geht es drum, dass die realität zu real ist, ein wenig weniger sehr gut täte, außerdem um das, was einer von uns mag, was alle, die ich kenne, nicht wissen wollen, um ein traumhaftes drum und dass sich letztlich niemand in die hose zu machen braucht.
drum kann ein trumm, d.h. eines dieser trümmer sein, die plötzlich im weg stehen, womöglich in form einer überdimensionalen rübe, und sei es nur eine virtuelle, aber sei‘s drum. hier ist sowieso alles konstruiert. bis zu 70 spuren pro song, jede davon auf die eine oder andere weise bearbeitet, die texte, sofern nicht spontan entstanden, über monate, teilweise über jahre zusammengefrickelt. hier ist nichts authentisch, aber alles täuschend echt.
Markus Binder
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